„Am Ende lernen nicht nur die Teilnehmer von uns, sondern nicht minder auch die Dozenten von den Teilnehmern.“

Carina Plaschko, Deutsch Dozentin im Projekt Integrationscampus, spricht im Interview über ihre persönlichen Erfahrungen, Herausforderungen und beeindruckende Momente. Das Qualifizierungsprogramm, das vom Institut für Akademische Weiterbildung (IAW) organisiert wird, läuft noch bis zum Ende des Sommersemesters 2020.

Porträtaufnahme Frau

Carina Plaschko, Dozentin am Integrationscampus. Quelle: Carina Plaschko

Frau Plaschko, Sie sind seit Beginn des Projektes als Deutsch Dozentin im Integrationscampus tätig: Wie hat sich das Qualifizierungsprogramm aus Ihrer Sicht entwickelt?
Das Projekt fand ich von Anfang an vielversprechend, sprich, den Leuten, die bereits über die notwendige Qualifizierung verfügen, eine Chance zu geben, auch in Deutschland eine akademische Laufbahn einzuschlagen. Die Tatsache, dass sich das Programm immer wieder verändert, sich weiterentwickelt hat, finde ich großartig. Es wurde immer wieder die Meinung aller Dozenten und Teilnehmer eingeholt, darüber diskutiert und bestmögliche Lösungen für alle Seiten gefunden. So glich kein Semester dem anderen und alle Beteiligten sind, wie es so schön heißt, an ihren Aufgaben gewachsen. Ich denke, dass die Teilnehmer, die das Programm durchlaufen haben, eine solide Grundlage haben, hier weiter eine akademische Laufbahn einzuschlagen.

Welche Momente oder Erlebnisse haben Sie in dieser Zeit besonders beeindruckt?
Bei meiner täglichen Arbeit mit Deutschlernenden bin ich immer wieder fasziniert von deren Motivation. Ich habe großen Respekt vor allen Menschen, die in ihrem Heimatland alles zurücklassen, um irgendwo auf der Welt neu zu beginnen. So haben die Teilnehmer des Integrationscampus bereits in ihrer Heimat studiert, oftmals schon jahrelang ihren Beruf ausgeübt, Karriere gemacht, und sich einen Lebensstandard aufgebaut. Hier angekommen, beginnen sie bei null. Ein Beispiel: unter den Teilnehmern befinden sich oftmals Direktoren angesehener Schulen, Rechtsanwälte oder Ärzte. In meinem Kurs bin ich nicht selten die jüngste und weit weniger berufserfahren. Nichtsdestotrotz herrscht ein wechselseitiger respektvoller Umgang miteinander.

Gab es Situationen, die Sie als herausfordernd erlebt haben?
Schwierige Situationen ergeben sich meistens dann, wenn die Teilnehmer etwas belastet. Sei es, weil das Problem nicht versprachlicht werden kann oder Vorfälle in der Familie auftreten, die nicht an der Schwelle zur Vorlesungstür „abgelegt“ werden können.

Wenn Sie auf die Zeit zurückblicken, gibt es eine Quintessenz, die Sie für sich persönlich mitnehmen?
Am Ende lernen nicht nur die Teilnehmer von uns, sondern nicht minder auch die Dozenten von den Teilnehmern. Ich sehe vieles in meinem Alltag nicht mehr als selbstverständlich, als „gegeben“. Das ist für mich eine große Bereicherung.

Was sind aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen für Geflüchtete beim Erwerb der deutschen Sprache?
Die größte Herausforderung liegt meines Erachtens oftmals gar nicht so sehr im Erwerb der deutschen Sprache, sondern viel mehr in den Problemen und Schwierigkeiten, mit denen Geflüchtete nach ihrer Ankunft hier in Deutschland konfrontiert sind. Wenn etwa Familienmitglieder noch im Heimatland sind, sich die politische Situation verschlechtert oder die bürokratischen Hürden und Behördengänge über Hand nehmen, kommt es oftmals zu Lernblockaden, die die Progression erheblich beeinträchtigen. Neben psychischen Faktoren spielen – gerade hier in Bayern – Dialekte und unterschiedliche Mundarten eine große Rolle. So können einige Teilnehmer im Deutschunterricht gut kommunizieren und berichten oft deprimiert von Gesprächssituationen in der Realität, in denen sie dem Dialekt nicht folgen konnten. Und selbstverständlich gibt es da noch die Artikel, Präpositionen und Deklinationen, die so manchen Deutschlernenden zur Verzweiflung bringen.

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